Der Zunderschwamm
Unsere Welt verändert ihr Gesicht oft ziemlich schnell, doch manches scheint Anspruch auf ein Stück Ewigkeit zu haben – der Zunderschwamm zum Beispiel. Er wächst immer noch in unseren Wäldern, an Baumstämmen von Laubbäumen, wie Buchen, Eichen oder Birken.
Wegbereiter der Zivilisation
Das tat er schon vor Tausenden von Jahren. Nachgewiesenermaßen zumindest schon vor 11.000 Jahren. Da entdeckte der frühe Mensch, dass man im Inneren des hufförmigen Zunderschwamms ein glühendes Kohlenstück am Glimmen halten kann, über lange Zeit und weite Wanderungen hinweg. Damit war es dem Menschen endlich möglich, jederzeit schnell Feuer zu machen und sich sprunghaft weiterzuentwickeln. Denn auch die Nährstoffsituation hat sich durch die Möglichkeit öfter und jederzeit zu kochen drastisch verbessert, wodurch sich das Gehirn schnell weiterentwickeln konnte.
Pilze sind die ältesten Landlebewesen
Pilze sind insgesamt ganz erstaunliche Lebewesen und uralt, älter noch als sämtliche Pflanzen. Die allerersten Wurzelnetzwerke wurden überhaupt erst von urzeitlichen Riesenpilzen geschaffen und bildeten die Voraussetzung, dass die ersten Pflanzen an Land Fuß fassen konnten. Ihre feinen Pilzhyphen erstreckten sich über Kilometer hinweg und nahmen Stoffe aus einem riesigen Bodenvolumen auf. Die Pflanzen sicherten ihr Überleben, indem sich ihre Wurzeln damit verbanden, Nährsalze und Wasser erhielten und im Austausch Kohlenhydrate aus der Photosynthese zur Verfügung stellten. Eine perfekte Symbiose.
Pilze und Mensch in der Evolution
Die Evolution des Menschen verlief viel länger mit den Pilzen in einer Linie als mit Pflanzen. Darum sind sie unserem Organismus vertrauter und vom Stoffwechsel her ähnlicher als jede Pflanze. Beispielsweise haben Pilze und Menschen ganz ähnliche Strategien entwickelt, wenn es darum geht, Erreger zu bekämpfen. Pilze haben schon viel früher immunologische Prozesse eingeleitet, um sich selbst zu schützen. Die Stoffe, die Pilze aussenden, Polysaccharide etwa, bewahren nicht nur sie selbst vor Fressfeinden, sondern bekämpfen auch beim Menschen Bakterien und Viren, hemmen Krebszellen. Damit „trainieren“ Pilze, die wir einnehmen, auch unser Immunsystem auf die Erkennung und Eliminierung von Erregern. Menschen haben das schon früh erkannt und eine ganze Reihe von Medizinalpilzen erst wild gesammelt, später auch kultiviert.
Blutstillend und wundheilend
Auch der als „Ötzi“ bekannte, in den Ötztaler Alpen aufgefundene „Mann aus dem Eis“ trug den Zunderschwamm bei sich. Neben der Möglichkeit, damit Feuer zu entfachen, nutzte er den Baumpilz wahrscheinlich aufgrund seiner stärkenden, energetisierenden, der Müdigkeit entgegenwirkenden Kräfte. Der Zunderschwamm wurde auch immer schon zur Blutstillung, Wundheilung, zur Regeneration oder gegen Parasiten eingesetzt. Er war zwar aufgrund seiner ledrigen Konsistenz nie direkt als Nahrungsmittel in Verwendung, man machte daraus aber Lederersatz, Wundauflagen, Tamponaden, Tee und Pulver.